zum Inhalt
Das Wirtschaftsmagazin

Benner: »Die IG Metall wird nicht zulassen, dass wir in ein vorindustrielles Zeitalter zurückfallen«

Die deutsche Industrie ist in der Krise. Sie braucht Subventionen, die an soziale und ökologische Bedingungen geknüpft sind.

Christiane Benner ist Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall. Credit: IMAGO / Funke Foto Services

Christiane Benner ist Soziologin und Erste Vorsitzende der IG Metall. Im Interview erklärt sie, wie die deutsche Industrie aus der Krise finden kann. Benner zufolge braucht es Subventionen, die an soziale und ökologische Bedingungen geknüpft sind.

Frau Benner, steuern wir gerade auf die Deindustrialisierung zu?

Die wirtschaftliche Situation ist wirklich angespannt. Die Folgen des Angriffskrieges auf die Ukraine, die Spätfolgen der Coronakrise und der Einbruch der Exporte auf dem chinesischen Markt belasten die Wirtschaft. Gleichzeitig realisieren sich die Wachstumsperspektiven langsamer als geplant. Und bei allem darf man den Aspekt des Umbaus zu einer klimaneutralen Industrie nicht vergessen! Deshalb müssen wir jetzt die Weichen richtig stellen und alles dafür tun, dass in Deutschland und in Europa die industrielle Struktur erhalten bleibt und zukunftsfähig wird. Dem Abbau von Arbeitsplätzen müssen und werden wir etwas entgegensetzen.

Wie soll das vonstattengehen?

Wir müssen in Deutschland und in Europa kritische Komponenten wie Halbleiter, Batterien, Windräder, Solarmodule fertigen. Es braucht also eine ambitionierte Industriepolitik. Und wir sichern durch eine gute Investitionspolitik hier die industrielle Wertschöpfung. Das heißt, wir wollen die Herstellung bis zum Endprodukt möglichst in Deutschland und in Europa halten und damit auch Arbeitsplätze und gute Arbeit absichern und schaffen. Denn es gilt ja auch, in Zukunftstechnologien zu investieren!

Die aktuelle Krise trifft uns im Herzen, weil sie natürlich mit der Stahl- und Automobilindustrie sehr gut organisierte Branchen fordert, mit verlässlichen Tariflöhnen, guten Arbeitsbedingungen, mit starker Mitbestimmung, mit vielem, was wir hart erarbeitet, erreicht, erkämpft haben. Die IG Metall wird es nicht zulassen, dass wir in ein vorindustrielles Zeitalter zurückfallen.

Welche Maßnahmen schlagen Sie konkret vor?

Wir konzentrieren uns in erster Linie auf Maßnahmen, die Beschäftigung sichern. Aktuell sind unsere Vorschläge auf den Bereich der energieintensiven Unternehmen und auf den Bereich der Automobilindustrie fokussiert, weil es da unserer Meinung nach im Moment richtig ans Eingemachte geht. 

In erster Linie braucht eine wettbewerbsfähige Industrie wettbewerbsfähige Energiepreise. Wir brauchen einen gedeckelten Industriestrompreis für die energieintensive Industrie in Höhe von 5 ct pro Kilowattstunde. Die Netzentgelte müssen sinken. Die Stromsteuer sollte zudem dauerhaft auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Damit wäre Planungssicherheit für Unternehmen sichergestellt. Spielräume für Beschäftigungssicherung könnten wir dann in den Unternehmen nutzen. Gleichzeitig müssen die erneuerbaren Energien noch schneller ausgebaut werden. So können zum Beispiel die Grundstoffindustrien in Europa, in Deutschland bleiben. Damit meine ich energieintensive Unternehmen und Industrien wie zum Beispiel Gießereien, Schmieden und Stahl. Hohe Kosten treffen auch Batterienfertigung oder KI-Rechenzentren. Aber wir haben positive Möglichkeiten: Durch »grünen Stahl« können wir langfristig auch in diesen Branchen einen Beitrag zur Dekarbonisierung und damit zur Sicherung von Arbeitsplätzen leisten. Wir sind pragmatisch, was die Farbenlehre betrifft, auch »blauer Stahl« kann im Übergang zu grünem ok sein.  

Kürzlich forderten Sie sogar die Verstaatlichung der Stromnetze, wieso ist das nötig?

Abonniere unseren kostenlosen Newsletter, um diesen Text weiterzulesen:

Abonnieren

Gibt’s schon einen Account? Login