Herr Christophers, warum kommt die Energiewende nicht voran?
Ich bin überzeugt, dass es nicht nur politische, sondern ökonomische Faktoren sind, die eine schnelle Dekarbonisierung der Stromerzeugung verhindern. Einen Windpark oder eine Solaranlage zu betreiben, ist für Unternehmen nicht attraktiv, weil die Anlagen nicht sehr profitabel sind: In den meisten Teilen der Welt verlassen sich die Länder auf private Solar- und Windenergieunternehmen, um die Energiewende umzusetzen. Kapitalistische Unternehmen investieren aber auf der Grundlage der zu erwartenden Rendite. Und wenn die zu niedrig ist, werden Investitionen ausbleiben. Die meisten Regierungen lassen Solar- und Windenergieunternehmen subventionieren, um Anreize für Investitionen zu schaffen. Aber sie investieren nicht selbst.
Ist es rentabler eine Ölplattform zu betreiben als einen Windpark?
Die meisten Studien gehen davon aus, dass die durchschnittliche Rendite bei Wind- oder Solarprojekten zwischen 5 und 7 Prozent liegt. Zum Vergleich: Öl- und Gasunternehmen investieren nur dann in neue Öl- und Gasförderprojekte, wenn sie sicher sind, dass die Rendite mindestens doppelt so hoch sein wird. Das Geschäft mit der Öl- und Gasförderung im vorgelagerten Sektor ist sehr profitabel, mit Gewinnspannen von 15 bis oft mehr als 20 Prozent. Es besteht kein Zweifel daran, dass das fossile Geschäft viel profitabler ist als das Geschäft mit erneuerbaren Energien. Wenn Regierungen also auf den Privatsektor setzen, um die Energiewende zu meistern, geht es nicht um den niedrigen Preis erneuerbarer Energien, sondern um deren Rendite.
Warum lässt sich mit fossilen Energieträgern mehr Geld verdienen als mit Erneuerbaren?
Weil die Märkte für erneuerbare und fossile Energien sehr unterschiedlich sind. Das Öl- und Gasgeschäft verfügt über eine erhebliche Oligopol- oder sogar Monopolmacht. Wind- und Solarparks sind in stark wettbewerbsorientierten Märkten tätig. Die fossile Wirtschaft hat hohe Eintrittsbarrieren, mit Organisationen wie der OPEC, die die Rendite kontrollieren und die Preise und Gewinne sowohl relativ hoch als auch relativ stabil halten. Auf der Seite der erneuerbaren Energien gibt es nichts Vergleichbares. Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Windpark betreiben und wären seit 15 Jahren in der Branche tätig. Sie hätten gesehen, wie die Kosten für Technologie und damit die Erzeugungskosten erheblich gesunken sind. Intuitiv würde man meinen, dass bei stark gesunkenen Erzeugungskosten auch die Gewinne gestiegen sind. Wenn Sie ein Monopolbetreiber mit voller Preissetzungsmacht wären, könnten Sie diese Kostensenkungen nutzen. Wenn Sie einen Windpark betreiben, werden die Vorteile dieser Kostensenkungen durch den Wettbewerb zunichtegemacht.
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