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Das Wirtschaftsmagazin

Das Bürgergeld hält Betroffene in Armut

Das Bürgergeld soll ein menschenwürdiges Leben garantieren, doch davon ist es weit entfernt. Dass es noch weiter geschliffen werden soll, ist ein Skandal.

Ein Mann sucht nach Pfandflaschen, weil das Geld nicht reicht. Credit: IMAGO/Michael Gstettenbauer

Vollmundig verkündete Arbeitsminister Hubertus Heil bei Regierungsantritt der Ampel 2021: »Wir werden statt Hartz IV ein unkompliziertes Bürgergeld einführen, das konsequent auf Hilfe und Ermutigung statt auf Sanktionen setzt.« Doch das Bürgergeld ist eine Notversorgung geblieben, ein Existenzminimum mit einem Regelsatz, der seit Jahrzehnten fernab jeder alltäglichen Realität errechnet wird. Das Bürgergeld ist zum Sterben zu viel, doch zum Leben zu wenig – und das in der viertreichsten Wirtschaftsnation der Welt. Dass es nun fast alle Parteien noch weiter schleifen wollen, ist ein Skandal. 

Dabei klang das vor einigen Jahren noch anders: Das Bürgergeld sollte der stetigen Talfahrt der SPD Einhalt gebieten und ihr Hartz-IV-Trauma überwinden. Die Grünen wollten ihr soziales Engagement beweisen und die FDP gab sich – naja – als seriöser Verhandlungspartner. Den Betroffenen sollte das Bürgergeld ein menschenwürdiges Leben mit echten Perspektiven garantieren. Innerhalb kürzester Zeit ist es jedoch zu einem der am schärfsten kritisierten Projekte der Ampel geworden.

Kaum war das Bürgergeld beschlossen, fingen CDU und AfD auch schon an, dessen Abschaffung zu fordern. Dabei hatte die CDU der Reform 2022 im Vermittlungsausschuss selbst zugestimmt. Doch nicht nur die Opposition rief nach der Abwicklung des Bürgergelds, auch die Ampel selbst nutzte jede Haushaltsverhandlung, um die kaum nennenswerten Fortschritte im Bürgergeld gegenüber Hartz IV wieder rückgängig zu machen. 

Das Bürgergeld sollte einst »Respekt und Augenhöhe« versprechen. Doch Respekt und Augenhöhe haben sehr viel mit einer ausreichenden materiellen Grundlage zu tun – und damit, dass sie unantastbar bleibt. Eine solche Grundlage haben all die Menschen mit dem Bürgergeld nie gehabt. Die heiß umstrittenen Regelsatz-»Erhöhungen« waren lediglich Inflationsausgleiche, die obendrein zu spät kamen. Die Kaufkraft der Menschen hat sich gegenüber Hartz IV Nullkommanull verbessert.

Für die Betroffenen hat sich so gut wie gar nichts zum Positiven verändert. Im Gegenteil. Für 2025 gab es sogar eine »Nullrunde«, also eine Stagnation des Regelsatzes, was faktisch eine Kürzung und Minderung der Kaufkraft bedeutet. Um es ganz klar zu sagen: das Bürgergeld hat Hartz IV nicht abgelöst. Es hat ihm vor allem einen neuen Namen gegeben und damit auch der faktenfreien Debatte Tür und Tor geöffnet, weil eigentlich mittlerweile kaum einer mehr weiß, was Bild-Schlagzeile und was aktuelle Gesetzeslage ist. Der Wankelmut und die Uneinigkeit der Ampel haben dazu geführt, dass das Stigma, das auf den Menschen, die vom Bürgergeld leben müssen, noch schwerer wiegt. 

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