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Das Wirtschaftsmagazin

Wie die AfD sich dem Kapital andient

Wirtschaftsverbände gehen bisher auf Distanz zur AfD. Doch die Partei arbeitet daran, sich als Alternative für Kapitalinteressen aufzustellen.

5 Minuten Lesedauer
Alice Weidel im Bundestag. Credit: IMAGO / Chris Emil Janßen

Die AfD ist im Bundestag die Partei der Unternehmer – zumindest, wenn man den Berufsangaben der Abgeordneten der neuen Legislaturperiode folgt. Laut einer Auswertung der Stiftung Familienunternehmen und Politik gaben 17 Abgeordnete der AfD-Fraktion an, Unternehmer oder selbstständig zu sein. Zum Vergleich: In der Unionsfraktion sind es elf, bei der SPD fünf, bei den Grünen vier und bei den Linken keiner. Damit beerbt die AfD die FDP, die bislang die meisten Unternehmer stellte. 

Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, spricht von einer bedauerlichen Entwicklung. Viele Familienunternehmen hielten die Politik der AfD für untauglich, so Kirchdörfer. Das deckt sich mit den Einschätzungen des Verbands Die Familienunternehmer, der sich 2024 scharf gegen die AfD positionierte. Die Wirtschaftspolitik der AfD sei gegen die Interessen mittelständischer Familienunternehmen gerichtet, hieß es in einem Papier. So verursache etwa die Forderung nach einem EU-Austritt gravierenden wirtschaftspolitischen Schaden. Ein damit verbundener Rückzug aus dem europäischen Binnenmarkt würde die exportorientierte Wirtschaft erheblich schrumpfen lassen. Ähnliche Kritik kam zuletzt auch aus anderen Verbänden. So bezeichnete BDI-Chef Peter Leibinger Ende Januar das Wirtschaftsprogramm der AfD als irrsinnig und katastrophal für Deutschland, da die Partei die dringend benötigte Zuwanderung verhindern sowie aus EU und Euro austreten wolle. 

Derart deutliche Abgrenzungen gegenüber der AfD waren zur Anfangszeit der Partei höchstens vereinzelt zu hören. Im Gegenteil: Am Gründungsprozess war unter anderem Hans-Olaf Henkel maßgeblich beteiligt – ein früherer BDI-Präsident, der eines der prominentesten Gesichter der neuen Partei war. Vor allem aus Reihen der Familienunternehmer gab es damals optimistische Töne zur Parteineugründung. Es fanden mehrere Veranstaltungen mit Bernd Lucke im Umfeld des Verbands statt, und führende Vertreter äußerten sich wohlwollend. Grundlage dafür war ein ökonomischer Konflikt im Zuge der Euro-Krise: Während exportorientierte Kapitalfraktionen in den Debatten um Griechenlands Verbleib im Euroraum für eine neoliberale Vertiefung der europäischen Integration eintraten, pochte der Familienunternehmerverband stärker auf nationalstaatliche Souveränität, sprach sich etwa für fiskalpolitische Verschärfungen aus und stellte sich gegen eine wirtschaftspolitische Europäisierung. Zunächst versuchten Ökonomen um AfD-Gründer Bernd Lucke, die diese Positionen teilten, Druck auf die damalige schwarz-gelbe Regierung auszuüben. Als sie merkten, dass sie mit publizistischen Interventionen keinen Erfolg hatten, verbündeten sie sich mit rechts- und nationalkonservativen Kräften um Beatrix von Storch sowie den ehemaligen CDU-Mitgliedern Alexander Gauland und Konrad Adam und gründeten die AfD als rechte Sammlungspartei.

Der solidarische Patriotismus ist gescheitert

Nachdem Rechtsradikale in die neue Partei geströmt waren, radikalisierte sich die AfD immer weiter. Spätestens nachdem Bernd Lucke, Hans-Olaf Henkel und andere die Partei im Sommer 2015 verlassen hatten, verloren auch Verbände und Kapitalfraktionen das Interesse an der Partei.

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Sebastian Friedrich

Sebastian Friedrich ist Journalist und Sozialwissenschaftler. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Neuen Rechten und der AfD.