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Das Wirtschaftsmagazin

Warum wir Googles Monopol aufspalten sollten

Google ist ein natürliches und ein intellektuelles Monopol. Um seine übermäßige Marktmacht zu bekämpfen, braucht es demokratische Kontrolle.

Das Google Hauptquartier in Kalifornien. Credit: IMAGO/Pond5Images

Im August 2024 befand Richter Amit P. Mehta Google für schuldig, ein illegales Monopol im Bereich Online-Suche zu unterhalten. Google hatte Milliarden Dollar an Gerätehersteller und Browserentwickler – darunter Apple, Samsung und Mozilla – gezahlt, damit diese Firmen Googles Suchmaschine als Standard in den jeweiligen Webbrowsern und Smartphones installierten.Dadurch habe das Unternehmen den Wettbewerb beeinträchtigt und konnte den Markt dominieren, so der Richter. Auf dieses wegweisende Urteil folgte im September die formelle Einleitung eines weiteren Verfahrens in Virginia als Teil einer Kartellklage des US-Justizministeriums gegen Google. In dieser zweiten Klage, die bereits im Januar 2023 eingereicht worden war, werden die Firmenübernahmen von Google im Zusammenhang mit seiner Monopolstellung im Bereich digitale Werbetechnologie genauer unter die Lupe genommen. 

Seit den späten 1970er Jahren haben die US-Gesetzgeber die Kartellpolitik auf ein Minimum reduziert und sie lediglich dazu benutzt, das »Wohl der Verbraucher via Preisen« zu garantieren. Dadurch wurde es fast unmöglich, Fusionen oder Übernahmen zu verhindern – einschließlich beispielsweise der Fusion von Exxon und Mobil im Jahr 1999, die von der US-amerikanischen Federal Trade Commission (FTC) genehmigt wurde, obwohl die Behörde vorhersehen konnte, dass diese Verschmelzung zwischen dem zweit- und viertgrößten Unternehmen auf dem Markt zu einer noch stärkeren Konzentration im Energiesektor führen würde. Im darauffolgenden Jahr erwarb der Pharmariese Pfizer für 90 Millionen US-Dollar Warner-Lambert und wurde dadurch zum zweitgrößten Pharmaunternehmen der Welt. Erneut genehmigte die FTC den Deal. Die laxe Kartellpolitik erreichte während der Präsidentschaft von Donald Trump ihren Höhepunkt: Unter ihm wurden weniger Kartellstrafverfahren vor Gericht verhandelt als unter jeder anderen Regierung seit den 1970er Jahren.

Joe Bidens Entscheidung, Lina Khan zur höchsten FTC-Kommissarin zu ernennen, sollte dann aber den Beginn einer Wende signalisieren. Khan wird zu einer Gruppe von Kartellrechtlern gezählt, die sich selbst als »New Brandeis Movement« bezeichnen. Sie streben eine Umgestaltung des US-amerikanischen Kartellrechts an. So soll insbesondere zu umfassenderen Antimonopol-Regelungen zurückgekehrt werden. Die Bewegung sieht die Konzentration wirtschaftlicher Macht als wesentliche Grundlage für die Konzentration politischer Macht und damit als demokratieschädigend. Anstatt sich nur auf das »Wohl der Verbraucher« zu konzentrieren, schlägt das New Brandeis Movement vor, die Auswirkungen der Marktmacht auf Arbeiterinnen und Arbeiter, Lieferanten und Innovatoren in ihrer Gesamtheit zu betrachten.

Das Urteil vom August gegen Googles Monopol bei Suchanfragen und Werbeanzeigen ist ein Ergebnis dieser politischen Wende. Es hat vier Jahre gedauert, bis das Justizministerium ausreichend Beweise gesammelt hatte, um den Fall zu gewinnen, und es dürfte noch deutlich länger dauern, bis Googles Monopol tatsächlich beendet ist. Und es gibt ein Manko: Die vom Justizministerium vorgeschlagenen Lösungen – von Geldstrafen für den Konzern bis dazu, Google zu zwingen, die Suchmaschinen-Tools abzustoßen, reichen nicht aus, um das grundsätzliche Problem zu lösen. Dies liegt daran, dass derartige Strafen auf einer Fehlinterpretation des Problems beruhen: Googles Suchmaschine ist nicht nur irgendein Monopol, sondern ein natürliches Monopol, das durch ein intellektuelles Monopol untermauert wird.

Natürliches Monopol

Das heutige Verständnis von Kartellrecht ist eng mit einer Förderung des Wettbewerbs auf dem Markt verbunden. Nicht umsonst werden Kartellbehörden in diversen Ländern der Welt auch »Wettbewerbsbehörden« genannt. Doch selbst in der neoklassischen Theorie sind natürliche Monopole eine Ausnahme in diesem Rahmen. Bei einem natürlichen Monopol ist ein einzelnes Unternehmen effizienter als zwei oder mehr, die dasselbe Produkt anbieten. In der Regel handelt es sich dabei um Märkte mit Skaleneffekten aufgrund hoher Fixkosten.

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