Guten Morgen,
Letzte Woche schrieb ich, dass eine Woche voller Entscheidungen bevorsteht. Doch wer hätte gedacht, dass die Schuldenbremse erst ausgehöhlt und dann reformiert werden soll? Diese Entwicklung stand definitiv nicht auf der Bingo-Karte.
Der Vordenker der Groko-Pläne und Wirtschaftsprofessor Jens Südekum benennt den Deal im Interview mit Surplus als Erfolg: »Das Paket war schon ein riesiger Durchbruch. Wenn parallel dazu – wie angekündigt – Maßnahmen wie die Erhöhung des Mindestlohns und die Förderung der Tarifbindung weiter vorangetrieben werden, wird das ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.«
Der Professor für Wirtschaftsgeschichte und Herausgeber von Surplus Adam Tooze sieht es in seinem Essay bei Surplus deutlich kritischer: »Es ist kein Widerspruch, wenn man einerseits das Ende der Schuldenbremse und einen großen Investitionsschub in Deutschland begrüßt und andererseits ein Programm infrage stellt, das so einseitig und offensichtlich tendenziös ist wie das von CDU und SPD vorgeschlagene.«
Wie die Ampel zuvor steuert auch die Groko auf ein finanzielles Desaster zu und greift zu Tricks, um sich Handlungsspielräume zu schaffen. Besonders umstritten: Das Sondervermögen für Infrastruktur soll nicht nur zusätzliche, sondern auch bereits geplante Investitionen finanzieren. Das schafft zwar Luft im Haushalt – aber wofür wird dieser Spielraum genutzt? Werden einzelne Partikularinteressen bedient wie bei der Pendlerpauschale oder Mütterrente? Kommen doch zusätzliche Investitionen? Oder profitieren erneut die Reichsten über einer Senkung der Unternehmensteuer? All diese Fragen liegen auf dem Tisch – und die Debatten der kommenden Woche werden entscheidend sein.
Diese Woche geht es um:
- Die ganze Woche: Machen die Grünen mit beim Schuldenpaket?
- Donnerstag, 13. März: 1. Lesung des Schuldenpakets
- Freitag-Sonntag, 14-16. März: TVöD Verhandlungen
Die ganze Woche: Machen die Grünen mit beim Schuldenpaket?
Es ist ein ungewöhnlicher und seltener Vorgang: Die haushaltspolitische Grundlage einer Regierung wird parallel zu den Koalitionsverhandlungen bereits im Parlament verhandelt – und ist dabei obendrein von der Zustimmung einer Oppositionspartei abhängig. In dieser Konstellation haben die Grünen einen entscheidenden Hebel, stehen jedoch auch unter erheblichem Druck.
Die grünen Landesminister Mona Neubaur, Danyal Bayaz und Björn Fecker haben dazu drei konkrete Forderungen formuliert:
- Grenze für Ausnahme der Militärausgaben bei der Schuldenbremse ab 1,5 Prozent des BIP statt 1 Prozent
Das Argument: Die Militärausgaben liegen derzeit schon über 1 Prozent, sodass der Haushalt um die Differenz entlastet werden würde. Die Autoren betonen, dass dies aus Sicht solider Staatsfinanzen nicht wünschenswert sei. - Das Sondervermögen soll ausschließlich für zusätzliche Investitionen verwenden
Das Argument: Andernfalls könnten geplante Investitionen ausgelagert werden, um Platz im Haushalt für konsumtive Zwecke – etwa Entlastungen – zu schaffen. - Den Anteil der Länder von 100 auf 200 Milliarden Euro erhöhen
Das Argument: Die Länder tragen bereits 60 Prozent der Investitionslast und sollten daher nicht nur 20 Prozent der Mittel erhalten.
Diese Forderungen wirken auf den ersten Blick überbrückbar. Allerdings stammen sie vom realpolitischen Flügel der Grünen. Forderungen des linken Flügels könnten darüber hinausgehen und einen strategischen Charakter haben.
Bei der letzten Bundestagswahl haben die Grünen vor allem Stimmen an Die Linke verloren und wurden in jüngsten Umfragen sogar von dieser überholt. Eine Zustimmung zu einem ökonomisch umstrittenen und demokratisch absurden Deal könnte die Verluste nach links weiter verschärfen. Andererseits leidet unter einer Ablehnung erklärte Ziel, der Union den »linksliberalen« Flügel streitig zu machen.
Die kommenden Entscheidungen werden also nicht nur das Haushaltsgefüge, sondern auch die mittelfristige Parteistrategie der Grünen prägen. Mein Tipp: Der regierungsaffine Teil der Partei wird sich durchsetzen – allerdings für nennenswerte Zusagen.
Donnerstag, 13. März: 1. Lesung des Schuldenpakets
Für Donnerstag ist das Plenum von 12 bis 15 Uhr eingeplant – und es dürfte hoch hergehen! Besonders spannend wird vor allem das Verhältnis zwischen Union, SPD und Grünen. Hinzu kommen wohl mögliche Abschiedsreden von Sahra Wagenknecht und Christian Lindner. Beide könnten darauf abzielen, mit ihren Reden in den Gedächtnissen zu bleiben.
Da drei Stunden fiskalpolitische Debatte noch nicht genug sind, folgt im Anschluss an das Plenum eine öffentliche Expertenanhörung des Haushaltsausschusses. Diese wird zwar nicht so hitzig wie die Parlamentsreden, dürfte aber dafür ökonomisch deutlich spannender werden.
Freitag-Sonntag, 14-16. März: TVöD Verhandlungen
Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gehen in die letzte Runde. Angesichts der laufenden Regierungsbildung erscheint eine Einigung auf der einen Seite des Verhandlungstisches äußerst unwahrscheinlich. Schließlich hat diese Verhandlung massive Auswirkungen auf die Löhne von 2,5 Millionen Menschen und wirkt sich gleichzeitig auf den Staatshaushalt aus.
Merz-Update nach der Wahl:
Der Wettmarkt sieht die Chance seiner Kanzlerschaft bei 97 Prozent (+0 %).
Das Wettvolumen beträgt derzeit 27.931.413 Dollar (+14 %). _________________________________________________________
Ich hoffe, dass Dir dieser Newsletter einen guten Überblick über die kommende Woche gegeben hat. Falls er Dir gefallen hat, unterstütze Surplus gerne mit einem Magazin-Abo und schick diesen Newsletter weiter.
Einen guten Start in die Woche
Lukas Scholle