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Das Wirtschaftsmagazin

Warum KI unserem Planeten derzeit mehr schadet als nützt

Künstliche Intelligenz soll die Probleme der Menschheit lösen. Doch ihr Wasser- und Energieverbrauch verschärft die Klimakrise.

5 Minuten Lesedauer
Datenserver funkeln rötlich wie die Waldbrände der Klimakrise. Credit: IMAGO / Panthermedia

Von der Unterstützung der Tumorerkennung bis hin zur Prognose von Extremwetterereignissen, die Erwartungen an Künstliche Intelligenz sind groß. Einer Umfrage zufolge sollen Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck durch KI sogar um 5 bis 10 Prozent reduzieren können. Doch ihr enorm anwachsender Energie- und Ressourcenverbrauch steht dem entgegen. KI verhagelt bereits jetzt großen Tech-Konzernen die Klimabilanz und trägt mehr zur Verstärkung als zur Lösung der Klimakrise bei.

Der Energiehunger immer größerer Modelle

Ein Blick auf die Entwicklung der großen Sprachmodelle (Large-Language Models oder kurz LLMs) macht deutlich, dass deren Größe in den letzten zehn Jahren enorm zugenommen hat. So kam beispielsweise das von OpenAI entwickelte GPT-1 im Jahr 2017 auf eine Größe von 117 Millionen Parameter. Parameter sind anpassbare Einstellungen, welche die Fähigkeiten eines LLMs steuern, Texte zu generieren. Mehr Parameter bedeuten tendenziell mehr Rechenleistung, aber auch mehr Schnelligkeit und Genauigkeit von LLMs. Das Modell GPT-3, mit dem OpenAI der massenwirksame Durchbruch gelang, kommt schon auf 176 Milliarden Parameter und ist damit um ein Vielfaches größer.

Durch immer größere Modelle und den zunehmenden Einsatz von LLMs wächst der Rechenbedarf und damit auch der Energieverbrauch von Künstlicher Intelligenz. Das Trainieren eines großen Sprachmodells wie GPT-3 benötigt 1.375 Megawattstunden Strom, was etwa dem Verbrauch von tausend Ein-Personen-Haushalten pro Jahr entspricht. Ein Modell wird zwar nur anfangs im Rahmen der Modellentwicklung trainiert, doch auch die millionenfache Nutzung verbraucht Energie. Berechnungen haben ergeben, dass zwischen Bildklassifizierung, also dem Erkennen von Bildinhalten und Bildgenerierung, also dem Erstellen von Bildern, das 400-fache an Energie in der Anwendungsphase benötigt wird. In der Summe hat Künstliche Intelligenz somit einen großen Einfluss auf den Energieverbrauch der digitalen Infrastruktur – letzterer hat sich in Deutschland in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Der wachsende Energiehunger von großen Sprachmodellen sowie eine Ausweitung von Datenzentren stellen deshalb aus Umweltsicht eine besondere Herausforderung dar. Denn einer der wichtigsten Treiber der Klimakrise ist die Energieerzeugung, sie muss möglichst auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Viele Sektoren, etwa Verkehr, müssen elektrifiziert werden, damit der Verbrauch fossiler Energie reduziert werden kann. Angesichts des wachsenden Energieverbrauchs von KI werden jedoch wertvolle erneuerbare Energieressourcen verbraucht und fehlen somit an anderer Stelle. Auch eine absolute Reduktion des Energiebedarfs rückt in weite Ferne.

Credit: IMAGO / NurPhoto

Wassermangel durch immer mehr Datenzentren

Energie ist nicht die einzige knappe Ressource, die von Künstlicher Intelligenz überstrapaziert wird. Die zunehmende Nutzung von Wasser führt schon heute in vielen Regionen, die von Wasserknappheit betroffen sind, zu Auseinandersetzungen. Proteste gegen den Bau neuer Rechenzentren finden bereits in Dallas (USA), in Chile oder in Uruguay statt.

Der Wasserfußabdruck der digitalen Infrastruktur entsteht auf drei verschiedenen Wegen: erstens bei der Herstellung der Geräte, zweitens bei der Erzeugung von Strom und drittens bei der Kühlung von Rechenzentren. Ein durchschnittliches Rechenzentrum verbraucht zum Teil über 1 Million Liter Wasser pro Tag. Das entspricht ungefähr dem Wasserverbrauch von etwa 100.000 Haushalten – pro Tag. Die Kühlung von Rechenzentren ist jedoch unabdingbar, um eine lange Lebensdauer der Hardware zu gewährleisten. Forschende der University of California (Riverside) haben die globalen Wasserentnahmen von KI-Systemen für die Serverkühlung vor Ort und den Wasserverbrauch in Rechenzentren untersucht. Während eine einzige Google-Suche einen halben Milliliter Wasser benötigt, verbraucht Chat GPT 500 Milliliter Wasser für jeweils fünf bis 50 Eingabeaufforderungen.

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Friederike Rohde

Friederike Rohde ist Techniksoziologin und arbeitet im Berlin Ethics Lab an der Technischen Universität Berlin.