In den USA sind Mautgebühren weit verbreitet. Gerade Autofahrende an der Ostküste kennen die vielen kostenpflichtigen turnpikes und expressways abseits der Highways. Dennoch war die Entscheidung des Bundesstaats New York, für die berühmte Insel Manhattan eine »Staubepreisung« (congestion pricing) einzuführen, ein absolutes Novum. In dem weitläufigen und autoabhängigen Land hat es noch keine Maut gegeben, die explizit dazu gedacht ist, den Verkehr zu verringern. Damit hat die verantwortliche Gouverneurin Kathy Hochul den Unmut von Donald Trump auf sich gezogen, der diese Maßnahme beenden will und sich dabei als Fürsprecher der arbeitenden Bevölkerung inszeniert.
Die Vorgeschichte
Die Idee der »Staubepreisung« geht in den USA auf die Arbeiten des Ökonomen William Vickrey zurück. »In keinem anderen wichtigen Bereich ist die Preisgestaltung so irrational, so veraltet und so verschwenderisch wie im städtischen Verkehr«, schrieb er 1963. Die größten Probleme, die er sah, waren das Fehlen eines Spitzenausgleichs und die »grobe Unterbepreisung« des Autos im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern. Zu Stoßzeiten übersteigt die Nachfrage – Autofahrende – das verfügbare Straßenangebot und führt zu realen Kosten oder »Externalitäten« in der Form von Staus, Luftverschmutzung und höherer Straßenabnutzung, die die Autofahrenden der Allgemeinheit aufbürden, aber nicht bezahlen. Die klassische Lösung: »Internalisierung der Externalitäten« durch Entrichtung einer Mautgebühr. Dabei war Vickrey seiner Zeit voraus: Anstelle störender Mautstellen brauche es elektronische Transponder in jedem Auto, um die Zeit und Distanz in Mautzonen automatisch zu erfassen. Er kämpfte jahrzehntelang insbesondere in New York für diese Idee, starb aber 1996 unverrichteter Dinge während einer Autofahrt.
Elf Jahre später legte der damalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg ein Gesetz für eine Stadtmaut vor, das jedoch am Landesparlament scheiterte. Die Gründe waren damals die gleichen wie heute: New York litt unter zu viel Autoverkehr auf zu wenig Raum. Die Folgen: Verkehrskollaps und Gesundheitsschäden. Zudem fehlte es der Stadt ständig an Geld für die Instandhaltung und den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Beliebt waren Mautgebühren anfangs allerdings nie. Weil diese Probleme nicht von alleine verschwanden und Alternativen fehlten, blieb die Maut über die Jahre auf der Agenda, wurde 2023 beschlossen und trat zum Jahreswechsel mit kleinen Veränderungen und großen Kontroversen in Kraft.
Congestion pricing in der Praxis
In der »Congestion Relief Zone«, die sich auf Manhattan nördlich bis zur 60th Street erstreckt, müssen Autos tagsüber einmalig 9 Dollar für den Zugang bezahlen, große LKWs 21,60 Dollar. Taxis und Carsharing zahlen bei jedem Eintritt eine kleine Gebühr. Nachts reduzieren sich die Preise jeweils um drei Viertel. Damit hat die Verkehrsbehörde MTA nach zwei Monaten bereits über 100 Millionen Dollar an Einnahmen erzielen können; Geld, das sie dringend benötigt, um das zum Teil jahrzehntealte Signalsystem der U-Bahn zu erneuern, das Netz zu erweitern und den barrierefreien Zugang mit Fahrstühlen auszubauen.
Bereits in den Tagen nach der Einführung war der Rückgang des Verkehrs deutlich zu spüren. Laut Angaben der Verkehrsbehörde MTA gab es im ersten Monat einen Rückgang von einer Million Autofahrten im Vergleich zum Durchschnitt für Januar. Dagegen sind die Passagierzahlen für U-Bahn und Bus von Januar bis März schon um 9,2 Prozent respektive 12,7 Prozent gestiegen. Insbesondere die Buslinien profitieren von weniger Straßenverkehr. »Es gab keinen Bedarf für eine raffinierte Datenanalyse«, so ein privater Busunternehmer. »Die Busse fliegen«. Dennoch haben zwei Collegestudenten ein Übersichtstool entwickelt, mit dem man die Transitzeiten vor und nach der Maut-Einführung vergleichen kann.
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