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Linnemann: Als Hardliner an die Spitze der CDU

Einst Merkel-Kritiker, heute CDU-Generalsekretär und in Zukunft CDU-Kanzlerkandidat? Carsten Linnemann ist das neoliberale Zentrum der Union.

4 Minuten Lesedauer
Credit: IMAGO / photothek

Gleich fünf Mal stimmte Carsten Linnemann gegen Gesetze unter der CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es ging um die Rettungspakete für Griechenland. 2011 war er noch eine von 10 Gegenstimmen aus der Unionsfraktion, 2015 war er einer 63 Gegenstimmen. Mit seiner Kritik an den Euro-Rettungsschirmen machte sich Carsten Linnemann erstmals einen Namen als wirtschaftsliberaler Hardliner – ihm schien egal zu sein, wie es um die innerparteilichen Mehrheitsverhältnisse steht. Nicht ohne Grund bezeichnet ihn die Zeitschrift Stern Jahre später als neoliberalen Vordenker der Erhard-Erben.

Wenn es nach Linnemann gehen würde, hätte die Schocktherapie Griechenlands noch härter ausfallen sollen. Die Griechen hätten schließlich ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Es gäbe keine Zukunft, wenn »wenige sich dauerhaft nicht an Regeln halten und die anderen zahlen«, so Linnemann im Jahr 2015. Die Überzeugung, dass Ärmere auf Kosten der Reicheren leben, zieht sich durch seine ganze Karriere – mal sind es die vermeintlich faulen Griechen, mal Menschen ohne Arbeit, in Rente oder mit Migrationshintergrund. »Ich denke als Volkswirt in erster Linie ökonomisch«, rechtfertigte Linnemann damals standesgemäß sein autoritäres Denken.

Vor seiner Zeit in der Politik studierte Carsten Linnemann erst Betriebswirtschaftslehre und promovierte dann in Volkswirtschaftslehre über den Export von Dienstleistungen. Seine Eltern betrieben in Paderborn eine der umsatzstärksten Buchhandlungen Nordrhein-Westfalens. Im Anschluss an sein Studium arbeitete er im Bankwesen, unter anderem als Assistent des ehemaligen Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Norbert Walter, der sich genauso wie Linnemann für Ausgabenkürzungen beim Staat und für Steuersenkungen für Unternehmen aussprach. Als Linnemanns Arbeitgeber IKB Deutsche Industriebank in der Finanzkrise zusammenbrach, entschloss er sich, in die Politik zu gehen. 

Heute ist Linnemann zwar immer noch ein Hardliner, aber vom Außenseiter ins Herz der CDU gewandert. Als der Merkel-Widersacher Friedrich Merz den Parteivorsitz übernahm, wurde Linnemann stellvertretender Parteivorsitzender. Im Anschluss leitete er die CDU-Programmkommission und wurde dann Generalsekretär. In der neuen Merz-Regierung dürfte er wohl Minister werden. Trotz des Altersunterschieds eint Merz und Linnemann die politische, ideologische und persönliche Nähe zu Seite der Arbeitgeber sowie der im Zweifel rechtsoffene Konservatismus. Letzteres wurde durch die parlamentarische Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland deutlich. Sowohl Merz als auch Linnemann bedienen immer außerdem immer wieder rhetorisch rechte Ressentiments.

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Lukas Scholle

Lukas Scholle ist Ökonom, Gründer und Chefredakteur von Surplus.