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Das Wirtschaftsmagazin

Wie die Mittelschicht sich mit Superreichen identifiziert

Die Zurschaustellung von Luxus ist in den sozialen Medien allgegenwärtig. Die Mittelschicht identifiziert sich mit Superreichen.

4 Minuten Lesedauer
Ein Geschäft des Luxuswarenherstellers Louis Vuitton in New York. Credit: IMAGO / Levine-Roberts

Von Kopf bis Brust mit Diamanten behangen fliegt sie im Privatjet nach Indien zur Hochzeit – oder mit der Tochter zum Geburtstagstrip nach New York. Sie räkelt sich auf Musks Cybertruck und zeigt das parkähnliche Anwesen in Los Angeles, wo auch mal Schnee liegt, wenn sie das möchte. Knapp 357 Millionen Menschen schauen der Geschäftsfrau und Influencerin Kim Kardashian allein auf Instagram dabei zu, wie sie Reichtum ausstellt. Wie sie das Berühmtsein fürs Berühmtsein zum attraktiven Geschäftsmodell macht. Längst ist sie damit nicht mehr allein. Caro Daur, Shirin David und Diana zur Löwen sind deutsche Beispiele. Sie zeigen sich beim Stanglwirt, im Chanel-Shop und beim Formel1-Rennen, arbeiten also ganz ähnlich. 

Celebrities brauchen Inhalte, um Öffentlichkeit herzustellen. Und heute stellen sie oft Reichtum dar, um Relevanz zu suggerieren. Die Omnipräsenz dieses neuen Star-Typus ist verantwortlich dafür, dass Luxus heute bis in die Mittelschicht idealisiert wird. Superreiche werden in der gegenwärtigen Celebrity Culture weniger als Bedrohung, mehr denn als Vorbild und Versprechen wahrgenommen. So wurde Donald Trump als Richfluencer und Celebrity Präsident. Doch während die Zurschaustellung und die Identifikation mit Reichtum einen Höhepunkt erreicht hat, nimmt die ungleiche Verteilung von Vermögen mehr und mehr zu. Und das hängt zusammen.

»Conspicuous consumption«, also etwa Geltungskonsum, nannte der Ökonom und Soziologe Thorstein Veblen in seinem 1899 erschienenen Buch The Theory of the Leisure Class den Kauf teurer Waren und Dienstleistungen, um Reichtum und sozialen Status zu demonstrieren. Und auch Kim Kardashian hat das Berühmtsein für das Berühmtsein nicht erfunden, das entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit den Mitteln der massenhaften Nachrichtenverbreitung und vergrößerte sich mit Reichweite und Anzahl von Medienprodukten. Es waren die 90er, als das Berühmtsein sich auf immer mehr Personen verbreitete, was auch mit der Entstehung des Privatfernsehens zu tun hatte. Es wurde schlichtweg Personal gebraucht, um das Programm zu füllen. 

Die Schriftstellerin Julia Friese hat in ihrem gerade erschienenen Roman delulu von den Illusionen geschrieben, mit denen Millennials im Kapitalismus aufwuchsen. Sie erzählt von den Versprechen aus den 90ern und den 2000er Jahren in Werbung und Popkultur: Jeder sollte glücklich und berühmt werden: Bitte nur dieses Kaugummi kauen, an diesem Eis lecken oder Barbourjacke und Segelschuhe tragen! 

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Laura Ewert

Laura Ewert lebt als freie Journalistin und Kolumnistin in Berlin und schreibt über Gesellschaft und Kultur für Die Zeit, Der Spiegel, der Freitag oder Monopol.