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Das Wirtschaftsmagazin

Neue Schulden: Die Modern Monetary Theorie hatte recht

Die neuen Sondervermögen und die angekündigte Reform der Schuldenbremse werfen eine Frage auf. Lag die Modern Monetary Theorie richtig?

Euroscheine kommen aus der Druckerpresse. Credit: IMAGO / imagebroker

Jahrzehntelang wurde uns vorgegaukelt, dass politische Fragen an der Finanzierung scheitern. Jetzt beweisen SPD und CDU/CSU das Gegenteil. Wenn der Bundestag will, kann er in beliebiger Höhe ein Sondervermögen beschließen.  

Geld ist ökonomisch nicht »knapp«. Das ist die Einsicht, die nach den Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und von 200 Milliarden Euro für den Gaspreisdeckel im Jahr 2022 dennoch für viele überraschend ist. Anders als die oft zitierte schwäbische Hausfrau kann die Bundesregierung beschließen, ihre Ausgaben ohne vorherige Einnahmen zu erhöhen. Die Wirtschaftspolitik der neuen Bundesregierung bestätigt mehrere Argumente, die der Modern Money Theory (MMT) zuzuordnen sind. Diese Denkschule hat unter anderem diese drei Thesen entwickelt für Länder mit eigener Währung, ohne signifikante Schulden in Fremdwährung und ohne festen Wechselkurs:

  1. Fiskalpolitik ist wirkungsvoller als Geldpolitik
  2. Staatsausgaben sind durch reale Ressourcen und Inflation begrenzt, nicht durch den »fiskalischen« Spielraum im Haushalt
  3. Eine »fiskalische Nachhaltigkeit« gibt es nicht, das Verhältnis der Wachstumsrate zum Zins ist schlichtweg irrelevant für die Frage der Zahlungsfähigkeit

Im Folgenden werden die drei Thesen der MMT den Thesen von anderen Ökonomen zu diesen Fragen gegenübergestellt.

Fiskalpolitik ist wirkungsvoller als Geldpolitik

Für den akademischen Mainstream ist die Geldpolitik die wichtigste Instanz, um die Wirtschaft zu steuern. Über den Zins könne sie die wirtschaftliche Aktivität lenken. Beschäftigung und Inflation bewegen sich dabei im Gleichschritt auf oder ab. Die Zentralbank soll aber nur ein Inflationsziel anpeilen, denn Vollbeschäftigung stellt sich automatisch ein, wenn längere Zeit Preisstabilität herrschen würde. Die MMT argumentiert hingegen, dass das Wunschdenken ist. Weder führen steigende Zinsen zu weniger Inflation, noch führen sinkende Zinsen zu mehr Inflation. 

In den 2010er Jahren gab es lange Jahre Nullzinsen. Diese führten zu Inflationsraten von 0 bis 2 Prozent. Im Vergleich zu den 2000er Jahren war das eine Reduktion. Auch in den letzten Jahren führten steigende Zinsen nicht zu einem Rückgang der Inflation. Es war die Stabilisierung der Energiepreise, die den Anstieg der Inflation stoppte. In den USA steigen Immobilienpreise und Investitionen weiter, weil die Fiskalpolitik expansiv ist. Die Reduktion der Zinsen durch die EZB seit Mitte 2024 hat wiederum die Investitionen nicht angekurbelt, weder stieg die Inflation noch die Beschäftigung. Die Beobachtung, dass die Geldpolitik nur unter gewissen Umständen (geringe Staatsverschuldung, hohe private Verschuldung, flexible Zinssätze bei Krediten, keine expansiven Staatsausgaben, kein Aufschwung der Exporte, et cetera) potent ist, basiert auf empirischer Evidenz.

Fiskalpolitik hat einen sehr viel mächtigeren Wumms. So antwortete Europa auf die Pandemie mit einer Aussetzung der Defizitgrenzen auf Ebene der EU sowie der nationalen Schuldenbremsen, während die EZB ein Anleihenkaufprogramm auflegte, um die Regierungen zu unterstützen. Diese Wirtschaftspolitik brachte Europa zurück auf den alten Pfad, die Beschäftigung stieg und eine Krise wurde vermieden. 

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