zum Inhalt
Das Wirtschaftsmagazin
Finanzen Schuldenbremse Schulden

Raus aus dem Irrgarten der Schuldenbremse

Die Änderung des Grundgesetzes macht die Schuldenregeln noch komplexer. Jetzt bräuchte es eine Reform der Schuldenbremse, die mehr Klarheit und Spielraum bietet.

3 Minuten Lesedauer
Friedrich Merz stimmt für die Änderung des Grundgestzes. IMAGO / Political-Moments

Am 18. März hat der Deutsche Bundestag für die bedeutendste Grundgesetzänderung seit der Einführung der Schuldenbremse 2009 gestimmt. Die Schuldenbremse bleibt zwar technisch bestehen, aber mit erheblichen Ausnahmen. Verteidigungsausgaben über einem Prozent des BIP sind ausgenommen, Infrastruktur- und Klimainvestitionen können über ein Sondervermögen finanziert werden, und die Länder erhalten zusätzlichen fiskalischen Spielraum.

Das Paket sorgt für zweierlei: Erstens, einen Bundeshaushalt, der mathematisch wieder aufgehen kann. Denn am Ende der Ampelregierung klaffte eine Lücke von 25 Milliarden Euro im Haushalt, die 2026 auf ungefähr 40 Milliarden Euro und damit knapp zehn Prozent des Haushalts angewachsen wäre – ohne jegliche Vorhaben aus dem Sondierungspapier von Union und SPD umzusetzen. Ein aufgehender Haushalt mag langweilig klingen, ist aber wichtig. Die Alternative wären massive Kürzungen und eine weitgehend handlungsunfähige Regierung gewesen – ein Konjunkturprogramm für die AfD.

Zweitens setzt das Fiskalpaket dem deutschen Sparwahn ein Ende. Die finanziellen Spielräume, die es für Verteidigung, Klimaschutzausgaben und Infrastrukturinvestitionen eröffnet, sind erheblich. Nach unseren Berechnungen dürfte es zumindest in den kommenden fünf Jahren nicht an Geld mangeln. Gerade für Infrastrukturinvestitionen sind fünf Jahre immer noch ein zu kurzer Zeitraum. Aber im Vergleich zur Situation unter der Ampelkoalition, als Investitionen im Monatsrhythmus an- und wieder abgedreht wurden, ist das eine wesentliche Verbesserung.

Neue Irrgärten der Schuldenregeln

Mit Blick auf die Verteidigung stellt sich sogar die Frage, ob die Grundgesetzänderung nicht zu weit geht, denn laufende Kosten wie Gehälter oder Soldatenpensionen könnten künftig über Schulden finanziert werden. Eine gerechtere Lösung wäre ein Lastenausgleich, der aktiviert wird, sobald die Verteidigungsausgaben eine bestimmte Höhe übersteigen. Aber das war wohl zu viel Nuance für eine Verhandlung, die gerade einmal zwei Wochen dauern durfte.

Und hierin liegt ein größeres Problem des Fiskalpakets: Es enthält keine sorgsam durchdachten, dauerhafte Leitlinien für die deutsche Finanzpolitik, sondern ein Verhandlungsergebnis, das präzise die aktuelle Interessenslage der beteiligten politischen Akteure widerspiegelt. Entsprechend komplex sind die daraus resultierenden Vorgaben. Bei der Aufstellung des Bundeshaushalts dürfte es daher zukünftig vor allem darum gehen, den besten Weg durch den Regelirrgarten zu finden. Wie man das Geld möglichst effektiv zur Umsetzung politischer Ziele einsetzt, dürfte eine noch geringere Rolle spielen als in der Vergangenheit. 

Vor allem ist der deutsche Irrgarten nicht der einzige, den die Haushaltspolitiker bewältigen müssen. Denn neben den deutschen Schuldenregeln gibt es auch noch europäische. Die funktionieren seit ihrer Reform im Jahr 2024 aber komplett anders als die Schuldenbremse:

Die Schuldenbremse begrenzt das jährliche Defizit auf 0,35 Prozent des BIP plus etwas mehr oder weniger je nach Wirtschaftslage. Unter den europäischen Regeln dagegen wird die Entwicklung der Schuldenquote über die kommenden 14 Jahre projiziert. Von der Projektion der Schuldenquote wird dann abgeleitet, wie hoch die staatlichen Ausgaben insgesamt sein dürfen, damit die Schuldenquote mittelfristig fällt. Ob Geld aus einem Sondervermögen oder dem Haushalt, vom Bund oder einem Land ausgegeben wird, spielt für Europa keine Rolle. 

Es braucht die Reform der Schuldenbremse

Abonniere unseren kostenlosen Newsletter, um diesen Text weiterzulesen:

Zur Probewoche

Gibt’s schon einen Account? Login