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Politik Schuldenbremse Tarifverhandlungen

Geld für Panzer statt für Erzieherinnen ist der falsche Weg

Das Schuldenpaket setzt die falschen Prioritäten: Ein Blankoscheck für die Verteidigung und leere Kassen für den öffentlichen Dienst.

3 Minuten Lesedauer
Beschäftigte des öffentlichen Dienstes streiken in Nürnberg. Quelle: IMAGO / Ardan Fuessmann

Am selben Tag, an dem im Bundestag sowohl das Sondervermögen als auch die Reform der Schuldenbremse beschlossen wurden, scheiterten die Tarifgespräche im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Medial ging Letzteres unter, doch es könnte – je nach Ergebnis der Koalitionsverhandlungen und Regierungspraxis – Symbolcharakter für Schwarz-Rot entwickeln: Ein Blankoscheck für die Verteidigung, leere Kassen hingegen für öffentliche Dienstleistungen und öffentliches Personal. 

Der Eindruck verfestigte sich, als am Abend der voraussichtlich neue Kanzler Friedrich Merz in einem Interview ankündigte, »die Sozialabgaben auf den Prüfstand« stellen zu wollen. Auch in den Medien häufen sich die Forderungen nach der Abschaffung eines Feiertags, noch schärferen Sanktionen für Bürgergeldempfänger und so weiter. Was einst mit der Begründung vorgetragen wurde, dass man wegen der Engpässe durch die Schuldenbremse sparen müsse, wird nun umgekehrt: aufgrund der am Dienstag beschlossenen Lockerungen der Schuldenbremse müssen wir jetzt umfassend kürzen. Für die wirtschaftsliberale Presse, Ökonomen und Lobbyisten gibt es damit unabhängig von der gesamtwirtschaftlichen Lage nur eine Devise: Kürzen, kürzen, kürzen. 

Es stellt sich die Frage, inwiefern die Konservativen es mit den Kürzungen ernst meinen – und wie sehr die SPD sich in den Verhandlungen breitschlagen lässt. Tatsächlich könnten die Ankündigungen nicht mehr als politisches Theater sein, um die konservative Wählerschaft nach den Zugeständnissen bei der Verschuldung zu beruhigen. Doch andererseits wissen auch die weniger dogmatischen Politiker in der CDU/CSU, dass die neue kleine Große Koalition wirtschaftlich zum Erfolg verdammt ist – und wie schnell die »Inhalte« der politischen Kampagne der Konservativen im Papierkorb landen, sieht man an der finanzpolitischen Kehrwende oder auch an den jüngsten Aussagen zum Heizungsgesetz. 

Konjunkturelle Krise ist nicht überwunden

Neben der strukturellen Krise der Infrastruktur, die aus haushälterischer Sicht zumindest für die kommende Legislatur größtenteils gelöst sein sollte (wenngleich ausreichend Geld noch lange nicht dafür Sorge trägt, dass die Allgemeinheit von den Ausgaben profitieren wird), haben wir es in Deutschland auch mit einer konjunkturellen Dauerflaute zu tun. Gerade in solchen Zeiten werden einerseits die Attacken gegen den Sozialstaat erhöht, andererseits müssen jedoch auch konsumtive Ausgaben gestärkt werden, um die Wirtschaft kurzfristig zu stabilisieren. Dies gilt umso mehr, dass dem deutschen Exportmodell angesichts der geopolitischen Verwerfungen die Puste ausgeht (und das ohnehin niemals nachhaltig war). 

Wie tief die Konjunkturflaute ist, zeigen die jüngsten Zahlen. In der Sonderausgabe des ifo-Schnelldienstes aus dem Dezember 2024 geben die Unternehmen an, dass der Auftrags- beziehungsweise Nachfragemangel das Niveau der Corona-Spitzenwerte erreicht oder – wie im Falle des Baugewerbes – darüber hinausgeht. Im verarbeitenden Gewerbe und im Bau wird das Finanzpaket der neuen Regierung voraussichtlich neue Impulse setzen können, doch wird die Lohn- und Arbeitsmarktpolitik entscheidend sein, ob auch der Binnenkonsum und der Dienstleistungsbereich gestärkt wird, der ungefähr für drei Viertel der Arbeitsplätze aufkommt und auf den 70 Prozent der Wertschöpfung entfallen.

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Anteil an Unternehmen, die einen Nachfragemangel melden, 2005-2024. Quelle: ifo-Institut

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Patrick Kaczmarczyk

Dr. Patrick Kaczmarczyk ist Ökonom an der Universität Mannheim und Redakteur bei Surplus. Zuletzt war er Leiter für volkswirtschaftliche Grundsatzfragen beim Wirtschaftsforum der SPD und UNO-Berater.