Die jahrelange Blockadehaltung der CDU bei der Schuldenbremse ist Geschichte. Um die Ampel zu sabotieren, war sie noch zweckdienlich. Zwar schließt Friedrich Merz eine Reform in »naher Zukunft« noch aus, doch schon vor der konstituierenden Sitzung des 21. Bundestags soll die Fiskalverfassung geändert werden, um notwendige Ausgaben in die Bundeswehr zu finanzieren.
Dafür soll allerdings nur das bestehende Sondervermögen der Bundeswehr aufgestockt und keine Reform der Schuldenbremse angestrebt werden. Für beide Vorhaben ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Mit dem alten Bundestag bräuchte es dafür die Stimmen von SPD und Grünen, mit dem neuen Parlament zusätzlich noch die Stimmen der Linken. Der aktuelle Vorstoß der Union ist daher ein Manöver, um nicht von der Linken abhängig zu sein. Für die progressiven Parteien spricht jedoch vieles dafür, mit der CDU für eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse zu arbeiten und nicht vor dem neuen Bundestag dem Ruf nach schnellen Kriegskrediten zu erliegen.
Geld fürs Wohnen und für Kanonen?
Der Verlust der USA unter Trump als verlässliche militärische Schutzmacht stellt einen großen Einschnitt dar, der Europa gefährdet. Die russischen Militärausgaben sind laut einer aktuellen Rechnung – kaufkraftbereinigt – auf einer Höhe von 460 Milliarden Dollar mit denen der gesamten Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs gleichgezogen. Russlands imperiale und revisionistische Außenpolitik wird zweifellos auch nach einem Friedensabkommen in der Ukraine fortgeführt und bedroht vor allem das Baltikum. Völlig offen ist die Frage nach Sicherheitsgarantien und Friedenstruppen für die Ukraine nach dem Krieg. Auch wenn man sich grundsätzlich gegen Militarisierung und Aufrüstung stellt, muss man anerkennen, dass der Bedarf für europäische Verteidigung dringlich ist – und entsprechend finanziert werden muss. Dazu gehört auch, den Zustand der Bundeswehr zu verbessern.
Es wäre aber ein großer Fehler, neue Militärausgaben mit einem weiteren Sondervermögen anzugehen, statt mit einer Reform der Schuldenbremse. Aus einem Sondervermögen 2.0 können zwar Rüstungsinvestitionen getätigt werden, der entsprechende Anstieg in den »Konsumausgaben« oder Betriebskosten müsste weiter aus dem regulären Haushalt bestritten werden. Dieser Anstieg beträgt laut der Denkfabrik Dezernat Zukunft das Vierfache der Investitionsausgaben. Schließlich müssen Soldatinnen und Soldaten die Ausrüstung bedienen, volltanken und warten – ihr Sold, der Treibstoff und die Ersatzteile sind alles keine Investitionen. Das Angebot der Union ist eher ein trojanisches Pferd, das bei Beibehaltung der Schuldenbremse weitere Haushaltskürzungen rechtfertigen würde. Selbst ohne Verteidigung klaffen im kommenden Haushalt riesige Finanzierungslücken. Somit löst ein Sondervermögen alleine keine Probleme, sondern schafft ganz neue.
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