Guten Morgen,
Die Zeiten sind unvorhersehbar. Die Entscheidungen der kommenden Woche können das Geschehen in unterschiedliche Richtungen lenken – in Deutschland und auch global, politisch wie ökonomisch.
In Deutschland könnte die Sparpolitik enden: Das würde Zukunftsinvestitionen begünstigen, könnte aber ein Aufrüstungsprogramm mit sich bringen, das wichtige Arbeitskräfte, Ressourcen und Kapital beansprucht. Wirklich gefährlich sind die zusätzlichen Vorschläge einiger Ökonomen: Elterngeld streichen, Rentenzuschüsse kürzen, Feiertage abschaffen.
Solche Maßnahmen würden nicht nur die wirtschaftliche Krise verschärfen, sondern auch den Aufstieg der Rechten weiter befördern. Die Richtung, die diese Woche eingeschlagen wird, entscheidet über mehr als nur die kommenden Jahre.
Diese Woche geht es um:
- Die ganze Woche: Sondierungen und Sondervermögen
- Mittwoch, 5. März. Trump-Rede
- Donnerstag, 6. März: Zinsentscheid
Die ganze Woche: Sondierungen und Sondervermögen
Die Verhandlungen zwischen SPD und Union laufen auf Hochtouren. Schon Freitag waren die Führungsebenen im Bundestag durch die Polizei abgeriegelt. Schon zu Verhandlungsbeginn wird die Frage der Schulden zum Nukleus der Koalitionsverhandlungen, wie Ex-Grünen Chefin Ricarda Lang im Interview mit Surplus prognostizierte.
Die Frage ist, wie es nun weitergeht? Welche Einigungspfade erscheinen realistisch? Aus Regierungskreisen ist zu hören, dass das Aufweichen der europäischen Fiskalregeln die rote Linie für die Union ist. Das heißt aber nicht zwingend, dass man sie nicht aussetzen oder umgehen könnte. Denn das 200-Milliardenprogramm der Union für das Militär würde die Schuldenquote Deutschlands von rund 63 auf rund 68 erhöhen, was nicht zu einem schnellen Erreichen der 60-Prozent-Grenze führt. Ähnliches würde auch für eine Reform der Schuldenbremse gelten, die SPD, Grüne und Linke bevorzugen. Vor dem Hintergrund der außenpolitischen Weltlage ist eine zeitnahe Ankündigung erster Sondierungsergebnisse von SPD und Union zu erwarten. Die Bild-Zeitung berichtete bereits über zwei Sondervermögen, die deutlich größer als 100 Milliarden Euro betragen könnten. Die Investitionsbedarfe werden in einem von Spitzenökonomen entworfenen Papier für die Sondierungen auf 400 Milliarden für die Verteidigung und auf 400-500 Milliarden für Investitionen beziffert.
Einige Ökonomen machen jetzt schon wahnwitzige Vorschläge. So etwa der VWL-Professor Christian Bayer der plötzlich ein Sondervermögen für Verteidigung in Höhe von 1810 Milliarden Euro fordert. Das Argument dahinter: Erst dann hätte Deutschland die gleiche Schuldenquote wie der EU-Schnitt. Das zeigt, wie nachrangig die Finanzierungsfrage in der Realität bei tatsächlichen Zukunftsinvestitionen ist. Wie groß die Sondervermögen werden und wie hoch der Anteil der Zukunftsinvestitionen wird, dürfte nicht nur das Thema der Woche werden, sondern die Weichen für Deutschlands Wirtschaft stellen. Mehr zum Thema lesen Sie von unserem Redakteur Max Hauser.
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Mittwoch, 5. März. Trump Rede vor dem Kongress
Fast täglich wird die globale Ordnung durch eine neue Aktion Donald Trumps durcheinander gebracht. Erst am Freitag löste der Selenskyj-Besuch einen Eklat im Weißen Haus aus. Seitdem treffen sich europäische Regierungschefs, um die Lage zu sondieren. Weitere Verteidigungspakete von unseren EU-Nachbarn sind längst angekündigt. Das alles zeigt, wie brüchig die transatlantische Beziehung ist – und wie absehbar das Ende der Globalisierung ist, die Adam Tooze in seinem Leitartikel in der ersten Ausgabe prognostizierte.
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Angesichts dessen könnte Trumps Rede am Mittwoch weitere Wellen schlagen. Noch vor Mittwoch passiert einiges: Am Montag öffnen die Börsen nach dem Selenskyj-Eklat und könnten deutlich absacken und damit weitere Verunsicherung hervorrufen. Am Dienstag treten auch die US-Zölle gegenüber Mexiko und Kanada in Kraft. Die Spannungen werden also weiter stiegen.
Donnerstag, 6. März: Zinsentscheid
Am Donnerstag ist der nächste EZB-Zinsentscheid. Hierbei gibt es gleich mehrere Besonderheiten: Am Vortrag gibt es nämlich keine orientierungsgebende Entscheidung der amerikanischen Zentralbank. Es ist sogar umgekehrt: Durch die Zollankündigungen der USA gegenüber der EU entsteht noch mehr wirtschaftspolitische Unsicherheit. Doch wie wirkt sich das auf das Mandat der Preisstabilisierung aus? Auch wenn die Zölle ökonomisch fatal sind, könnten durchaus leicht sinkenden Preisen begünstigen, aus zwei Gründen: Erstens verkaufen die Exporteure weniger Güter, was zu einem Überangebot und einem sinkenden Preis führt. Sollte daraus Stellenabbau folgen, wird die Binnennachfrage weiter geschwächt, was sinkende Preise weiter begünstigt. Auch vor Ankündigung der Zölle hielt die EZB laut Protokollen die Disinflation (der Rückgang der Inflationsrate) für intakt. Daher erwartet der Finanzmarkt eine weitere Zinssenkung um einen viertel Prozentpunkt.
Merz-Update nach der Wahl:
Der Wettmarkt sieht die Chance seiner Kanzlerschaft bei 97 Prozent (+0 %).
Das Wettvolumen beträgt derzeit 24.354.002 Dollar (+11 %).
Ich hoffe, dass Dir dieser Newsletter einen guten Überblick über die kommende Woche gegeben hat. Falls er Dir gefallen hat, unterstütze Surplus gerne mit einem Magazin-Abo und schick diesen Newsletter gerne weiter.
Einen guten Start in die Woche
Lukas Scholle