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Das Wirtschaftsmagazin

Der Staat muss stärker in den Energiesektor eingreifen

In Deutschland sind die Kosten für Strom und Gas stark gestiegen. Dagegen kann der Staat einiges tun.

6 Minuten Lesedauer
Die Kosten für Gas und Strom sind stark gestiegen. Credit: IMAGO/Depositphotosf

Die hohen Energiekosten, insbesondere die Strompreise, sind eine der Ursachen für die schwächelnde Wirtschaft in Deutschland und Europa. Neben der EU-Kommission erkennt auch die Regierungskoalition  in spe das Problem an. Zu kosmetischen Anpassungen sind sie auch bereit. Doch tiefere Eingriffe in die grundlegenden Marktmechanismen oder die Preisgestaltung sollen weitgehend vermieden werden. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Strompreise gedämpft werden könnten.

Auf dem Strommarkt in Deutschland wird ein marktliberaler Ansatz verfolgt. Strompreise sollen sich möglichst frei von staatlichen Eingriffen am Markt bilden, die Preise von Energieträgern sich unabhängig von möglichen Umständen wie Krisen auf die Strompreise übertragen können. Das Ideal beziehungsweise der Wunsch dahinter: Nur der Markt sei in der Lage, Knappheiten abzubilden und nur er sorge dafür, dass die Nachfrage effizient vom Angebot gedeckt wird. Mögliche makroökonomische Nebenwirkungen oder Verteilungsfragen müssen in den Hintergrund treten. Selbst während der Gaspreiskrise lautete das Credo vieler deutscher Energieökonominnen und -ökonomen, dass man nicht in den Strommarkt eingreifen solle und das Merit-Order-Prinzip an der Strompreisbörse wirken solle.

Der Marktmechanismus sorgt für höhere Energiepreise

Das Merit-Order-Prinzip führt dazu, dass das teuerste Kraftwerk, das gebraucht wird, um die Stromnachfrage zu decken, den Strompreis setzt. Was in normalen Zeiten wenig auffiel, weil die Betriebskosten für Kraftwerke lange Zeit im Rahmen blieben, hatte deutlich sichtbare Effekte im Jahr 2022. Denn vor allem extrem teure Gaskraftwerke setzten den Börsenstrompreis. Der für Deutschland relevante Börsenstrompreis schoss damit in die Höhe und betrug zeitweise über 600 Euro pro Megawattstunde. Das heißt, selbst wenn der Großteil der Nachfrage mit günstigeren Energieträgern gedeckt wird, setzt das letzte gebrauchte Kraftwerk den Preis. Diesen erhalten auch Anbieter, die die Stromnachfrage mit günstigeren Rohstoffen decken können. Damit wurden 2022 auch die Übergewinne eingefahren, die durch die hohen Gaspreise entstanden sind. Die Aus- und Nachwirkungen der Energiepreiskrise auf Produktion und Inflation haben alle in Deutschland deutlich gesehen. Teilweise sehen wir sie heute noch. Die Produktion in den energieintensiven Bereichen ist deutlich gesunken und stagniert seitdem auf einem niedrigen Niveau. Die Energiepreise schlugen auch auf Güterpreise durch, sodass die Inflationsraten 2022 und 2023 nach oben geschnellt sind und bei 8,7 Prozent beziehungsweise 6 Prozent lagen.

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Tom Bauermann

Tom Bauermann ist Leiter des Referats »Makroökonomie der sozial-ökologischen Transformation« am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung.