zum Inhalt
Das Wirtschaftsmagazin

Mazzucato: Fortschritt braucht staatliche Missionen

Für nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist ein missionsorientierter Staat entscheidend. Doch dafür braucht es grundlegende Veränderungen.

4 Minuten Lesedauer

Covid-19-Pandemie, Inflation und Kriege haben den Staaten vor Augen geführt, was nötig ist, um massive Krisen zu bewältigen. In Ausnahmesituationen entdecken Politiker oft ihre Fähigkeit zur mutigen Entscheidungsfindung. Ein Paradebeispiel dafür ist die rasche Entwicklung und Anwendung des Covid-19-Impfstoffs.

Die Vorbereitung auf andere Herausforderungen erfordert jedoch nachhaltigere Bemühungen um einen »missionsorientierten Staat«. In Anlehnung an die erfolgreichen Erzählungen und Strategien aus der Zeit des Kalten Krieges rund um die geplante Mondlandung experimentieren Staaten weltweit mit ehrgeizigen politischen Programmen und öffentlich-privaten Partnerschaften, um bestimmte soziale, wirtschaftliche und ökologische Ziele zu erreichen. Im Vereinigten Königreich beispielsweise hat das Wahlprogramm der Labour-Partei mit den darin aufgeführten fünf Missionen eine lebhafte Debatte darüber ausgelöst, ob und wie eine »missionsorientierte Wirtschaft« geschaffen werden soll.

In einem missionsorientierten Staat geht es nicht um das dogmatische Festkleben an einer Reihe ursprünglicher Ideen, sondern vielmehr darum, die zentralen Bestandteile einer Mission zu ermitteln und zu akzeptieren, dass unterschiedliche Länder auch unterschiedliche Ansätze benötigen könnten. Nach derzeitigem Stand der Dinge präsentiert sich die neu entstehende Landschaft öffentlicher Missionen als Umetikettierung oder Umfunktionierung bestehender Institutionen und Strategien, wobei man eher stockende Anfänge als rasante Höhenflüge beobachtet. Aber das ist in Ordnung. Wir sollten nicht erwarten, dass sich ein radikaler Wandel der politischen Strategien über Nacht oder auch nur während eines Wahlzyklus vollzieht.

Vor allem in liberalen Demokratien erfordert ein ambitionierter Wandel das Engagement einer Vielzahl von Gruppen, um die Zustimmung der Öffentlichkeit zu gewinnen und sicherzustellen, dass die Vorteile auf breiter Ebene spürbar werden. Das einem missionsorientierten Staat zugrundeliegende Paradoxon besteht darin, dass er ehrgeizige, klar formulierte politische Ziele durch eine Vielzahl auf Experimenten basierender Maßnahmen und Programme verfolgt.

Jetzt mit kostenloser Probewoche testen:

Zum Newsletter

Gibt’s schon einen Account? Login

Mariana Mazzucato

Mariana Mazzucato ist Professorin für die Ökonomie von Innovation und öffentlichem Wert am University College London und Kolumnistin bei Surplus.