In der deutschen Steuerpolitik erleben wir seit Jahren immer das Gleiche. Noch immer werden in neoliberaler Manier Steuern für die Reichsten und große Unternehmen gesenkt, während die Mitte zur Kasse gebeten wird. Der jüngste Vorschlag für eine Reform der Erbschaftsteuer der Grünen ist Ausdruck dessen. Mit dem Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz im November 2024 laufen die Grünen Gefahr, beim Versuch, Gerechtigkeitslücken im Steuersystem zu schließen, zugleich neue zu reißen; dann nämlich, wenn sie die Erbschaftsteuer zu einer sogenannten Flat Tax umformen würden.
Nicht nur die Grünen, auch die Union erwägt seit geraumer Zeit, die derzeit progressiv angelegten Steuersätze zu einem einheitlichen Steuersatz auf alles und alle bei Erbschaften und Schenkungen einzuführen. Im April 2023 etwa griff Jens Spahn eine Idee auf, für die unter anderem der Ökonom und ehemalige Wirtschaftsweise Lars Feld im Zuge der letzten Reform der Erbschaftsteuer von 2014–2016 plädierte. Als das Bundesverfassungsgericht Ende 2014 urteilte, dass die Übertragung von Vermögen reformiert werden müsse, ging es in erster Linie um die übermäßige Privilegierung von Betriebsvermögen im Vergleich zu privatem Vermögen – unvereinbar mit dem Gleichheitsrecht gemäß Artikel 3 Grundgesetz. Nach Feld wäre Privat- und Betriebsvermögen zwar gleich zu behandeln. Allerdings sollte der Steuersatz von derzeit bis zu 50 Prozent auf einheitliche 10 Prozent verringert werden. Die Grünen sprechen zwar von 25 Prozent, doch die Höhe ändert nichts am Wesen dieser Ausgestaltung. Sie ist und bleibt grundlegend falsch – und zwar aus zwei Gründen.