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Das Wirtschaftsmagazin

Antifaschistische Wirtschaftspolitik ist dringender denn je

Die Wirtschaftskrise in Deutschland hat zum Erstarken von Merz und Weidel geführt. Jetzt braucht es eine Wirtschaftspolitik, die dem Rechtsruck die Basis entzieht.

Collage: Surplus, Material: Marzena Skubatz, IMAGO / Political-Moments

Deutschland erlebt die Folgen einer verfehlten Wirtschaftspolitik: Der marktfundamentalistischen Opposition von Konservativen und Rechten gelang ein Erdrutschsieg. Die CDU/CSU des ehemaligen Chefs von Blackrock Deutschland, Friedrich Merz, fuhr 28,5 Prozent ein. Die Rechtsaußenpartei der ehemaligen Goldman-Sachs-Bankerin, Alice Weidel, erlangte 20,8 Prozent. 

Die Wahlgründe dahinter? Ein massiver Vertrauensverlust in die Regierung, eine ausufernde Migrationsdebatte, der massive Reallohnverlust der letzten Jahre, die anhaltende Wirtschaftskrise. Insbesondere die Frustration mit der wirtschaftlichen Misere bildet die reale Basis für das Erstarken der AfD. Denn wenn der Wohlstand sinkt, nehmen die Verteilungskämpfe zu. 

So schätzten 37 Prozent der AfD-Wählenden ihre eigene wirtschaftliche Situation als schlecht ein. Dicht gefolgt von der Union mit 18 Prozent. Wählerinnen und Wähler linker und linksliberaler Parteien haben deutlich weniger Angst um ihre wirtschaftliche Lage. Noch gravierender: 85 Prozent der AfD-Wählenden befinden, dass es in Deutschland ungerecht zugehe. Auch die gesamtwirtschaftliche Lage wird mit 96 Prozent bei der AfD und 90 Prozent bei der CDU/CSU als schlecht befunden. Hier sind die Werte auch deutlich höher als bei den restlichen Parteien. 

Die AfD hat es geschafft, sich als Alternative zum Status Quo für diejenigen zu positionieren, die um ihre wirtschaftliche Lage bangen, und das, obwohl ihr Programm de facto auf eine Umverteilung von unten nach oben hinausläuft. Der Zusammenhang ist klar: Je schlechter die wirtschaftliche Lage und Perspektive der Menschen, desto einfacher können Rechte den Unmut für sich vereinnahmen. Alles – aber nicht das, was wir jetzt haben – ist dann die Logik der Stunde. Doch genau dieses Problem war bekannt. Europa-, USA- und die Landtagswahlen in Deutschland haben das vor Monaten – und Umfragen sogar schon vor Jahren gezeigt: Den ersten Schub in den Umfragen auf 15 Prozent erzielte die AfD im Herbst 2022 in Folge des Preisschocks bei der Energie. Der zweite Schub auf über 20 Prozent gelang ihr im Herbst 2022 als die Folgen des Preisschocks weiter zunahmen und kurzzeitig geplant wurde, die Krisenkosten per Gasumlage an die Bürgerinnen und Bürger weiterzugeben.

Auch die aktuellen Umfragen bei AfD-Wählenden bestätigen wie schon in der US-Wahl die zentrale Rolle der Inflation: Rund Dreiviertel sorgen sich, dass sie durch die hohen Preise nicht mehr ihre Rechnungen bezahlen können, dass sie ihren Lebensstandard nicht halten können und dass sie Geldsorgen im Alter bekommen. Kapitalistische Gesellschaften im Globalen Norden basieren seit dem Fordismus auf einem grundlegenden Gesellschaftsvertrag. Die Menschen arbeiten und werden so entlohnt, dass sie sich die lebensnotwendigen Dinge leisten können. Wenn die Menschen weiterhin arbeiten, aber die Preise für lebensnotwendige Güter in die Höhe schießen, fühlen sich die Arbeitnehmende betrogen. Die Lage verschärft sich weiter, wenn gleichzeitig Aktienmärkte Rekordhöhen erreichen und Unternehmensgewinne explodieren.

Jetzt braucht es antifaschistische Wirtschaftspolitik 

Was es jetzt braucht, ist damit offensichtlich: Eine Wirtschaftspolitik, die dem realen sozioökonomischen Abstieg und den Abstiegsängsten vieler Menschen eine Lösung anbietet, die ihr Leben besser macht. Es geht darum, die Ängste direkt anzusprechen und eine konkrete, demokratische Alternative zum Status Quo anzubieten. Im ersten Schritt bedeutet das eine Politik, die essenzielle Preise stabilisiert – von den Lebensmitteln über die Energie bis zu den Mieten – und eine Politik, die die Löhne deutlich erhöht. Nicht nur kurzfristig, sondern auch für die Zukunft. Die Vorschläge und Beispiele liegen angesichts der Regierungen in Spanien und Mexiko längst auf der Hand. In Deutschland droht sich die Lage allerdings weiter zu verschlimmern. Denn unter Bundeskanzler Friedrich Merz dürften sich die realen Abstiege und Abstiegsängste weiter verschärfen. Die Preise könnten auf einen Schlag noch weiter steigen. Aufgrund der umfangreichen Steuersenkungspläne für die Reichsten könnte eine Gegenfinanzierung über eine höhere Mehrwertsteuer folgen. Das schloss Friedrich Merz kurz vor der Wahl explizit nicht aus. Daneben verfolgt Friedrich Merz einen radikalen Emissionshandel, der in den nächsten Jahren zu einem Preisschock führen wird. Auch die gesamtwirtschaftliche Perspektive ist desaströs, da Friedrich Merz auf Sparpolitik setzt. So wird die deutsche Wirtschaft und insbesondere die deutsche Industrie extrem verwundbar für weitere wirtschaftliche Schocks, die zum Beispiel durch eine sich verschärfende Klimakrise, aber auch durch geopolitische Spannungen wie die angekündigten Zölle der Trump Administration ausgelöst werden könnten

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