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Das Wirtschaftsmagazin

»Wir arbeiten bis zur Belastungsgrenze und auch darüber hinaus.«

Die Pflegerin Silvia Habekost kämpft seit Jahren für besser Arbeitsbedingungen. Doch die Krankenhausreform könnte die Lage in den Kliniken verschlimmern.

Silvia Habekost bei einem Protest von Krankenhausangestellten 2021. Credit: Imago/Jörg Krauthofer

Frau Habekost, Sie arbeiten seit vielen Jahren in der Pflege im Bereich der Anästhesie. Wie sieht denn Ihr Arbeitsalltag gerade aus?

Ich arbeite im OP und da merkt man einfach diesen Druck, möglichst viele Fälle zu generieren. Nicht die Patientenversorgung steht im Mittelpunkt, sondern dass möglichst viel operiert wird. Dadurch, dass zu wenig Personal da ist, werden nicht ausreichend Kapazitäten angeboten und die Kapazitäten, die da sind, sollen voll ausgefüllt werden, damit kein Puffer mehr bleibt. Kein Puffer für Notfälle, keine Zeit, um auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten einzugehen. Wir arbeiten bis zur Belastungsgrenze und auch darüber hinaus. Das hält man nicht in Vollzeit aus.

Gibt es keine Regelungen, die der Überlastung der Beschäftigten etwas entgegensetzen?

Unser Entlastungs-Tarifvertrag legt für die Stationen eine Ratio, also ein Verhältnis, fest, wie viele Patienten die Pflegekräfte versorgen können. Wenn das nicht eingehalten wird, bekommen die Pflegekräfte sogenannte Belastungspunkte und nach fünf belasteten Schichten bekommt man bis zu 15 Tage im Jahr frei, der Rest wird dann ausgezahlt. Und das macht natürlich für einen individuell natürlich schon einen echten Unterschied. Das erhöht den Druck darauf, dass genug Personal da ist. Auch im OP-Bereich generieren wir Belastungspunkte, zum Beispiel wenn ich als Anästhesiepflege mehr als einen Saal betreue. Im Aufwachraum haben wir auch eine Ratio. Die Belastung wird nicht weniger, aber wir bekommen genauso frei, wie die Kolleginnen und Kollegen in der Pflege. 

Sie haben 2021 sehr engagiert einen Tarifvertrag für Entlastung bei Vivantes und an der Charité erkämpft. Wenn man sie jetzt hört, klingt es, als hätte sich seitdem nicht viel verändert.

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